Die politische Umfrageforschung leidet darunter, dass sie von vielen zunehmend als Teil eines elitären politischen Systems wahrgenommen wird, dem man immer öfter Antworten verweigert oder falsche Angaben liefert. Das nächste Beispiel ist Frankreich, wo Fillon in allen Umfragen weit hinter Juppé und Sarkozy war und dann souverän gewonnen hat. Die Praxis der Umfragen, die meist telefonisch durchgeführt werden, verstärkt die Wahrnehmung, dass es sich um etwas Abgehobenes, weit Entferntes handelt. Darüber hinaus werden die Befragten von den InterviewerInnen tatsächlich nicht als interessante Individuen wahrgenommen, mit denen man ein Gespräch führen will, sondern lediglich als anonyme und statistische Größen. In Zeiten der Entfremdung zwischen Eliten und BürgerInnen, in Zeiten zunehmender Individualisierung, kann das anonymisierte, technokratische und standardisierte Telefoninterview die Befragten oft nicht mehr erreichen. Und die Ergebnisse werden schlechter. Daher ist m.E. dringend ein Umdenken in der politischen Umfrageforschung erforderlich. Es braucht mehr qualitative Tiefen-Interviews, auch narrative Interviews, Face-to-Face mit gut geschulten InterviewerInnen. Nur so kann man mehr über die WählerInnen erfahren.